CIRS Berlin ÄZQ Deuschte Krankenhaus Gesellschaft Deutscher Pflegerat e.V.

Fälle des Monats

    Fall des Monats "Juli 2015": Unzureichende Kommunikation & Information zu Antibiosegabe

      • Titel: Unzureichende Kommunikation & Information zu Antibiosegabe
      • Fall-Nr: 124350
      • Zuständiges Fachgebiet: Anästhesiologie
      • Altersgruppe des Patienten: k. A.
      • Geschlecht des Patienten: k. A.
      • Wo ist das Ereignis passiert?: Krankenhaus
      • Welche Versorgungsart: Routinebetrieb
      • In welchem Kontext fand das Ereignis statt?: k. A.
      • Was ist passiert?: Pat. erhielt zunächst zwei mal im Abstand von zwölf Stunden eine hohe Dosis des Glykopeptid-Antibiotikums. Am Folgetag sollte dann eine Kontrolle des Antibiose-Spiegels erfolgen und anhand des Wertes entschieden werden, wieviel Antibiotikum dem Pat. ab da weiter gegeben werden sollte. So war es schriftlich auf der Kurve festgehalten worden. Als der Spätdienst sich zu fortgeschrittener Stunde den morgendlichen Antibiose-Spiegel und die Kurve ansah, entdeckte er, dass der Pat. bereits (ohne Rücksprache) eine weitere Dosis erhalten hatte.
      • Was war das Ergebnis?: k. A.
      • Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignis?:
        • Bessere Kommunikation im Team
        • Keine pauchale Anordnung auf der Kurve, sondern zusätzliche Anordnung nach Kenntnis der wichtigen Informationen
      • Kam der Patient zu Schaden?: k. A.
      • Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei?: k. A.
      • Wie häufig tritt dieses Ereignis ungefähr auf?: erstmalig
      • Wer berichtet?: Arzt / Ärztin, Psychotherapeut / Psychotherapeutin

 

Fachkommentar der Steuergruppe KH-CIRS-Netz Deutschland:

Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de:

Autorinnen:
Dr. sc. hum. Hanna Seidling, Fachapothekerin für Arzneimittelinformation, Universitätsklinikum Heidelberg und
Dr. rer. nat. Andrea Liekweg, Fachapothekerin für Arzneimittelinformation und geriatrische Pharmazie, Universitätsklinikum Köln;
für die Arbeitsgruppe Arzneimitteltherapiesicherheit des Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V.

In dem berichteten Fall erhielt der Patient eine empirische Antibiotika-Therapie mit einem Glykopeptid ohne Beachtung der gemessenen Plasmakonzentration zur Dosisbestimmung im Verlauf der Therapie.

Hintergrund und Diskussion:
Bei einigen Arzneimitteln ist eine Dosisanpassung anhand der gemessenen Plasmakonzentrationen essentiell, um Wirksamkeit und Vermeidung von unerwünschten Wirkungen zu gewährleisten. Dieser Prozess ist jedoch dadurch fehleranfällig, dass die einzelnen Prozessschritte, also Therapieinitiierung (Verordnung), initiale Ausführung der Therapie, Blutentnahme, Anforderung des Laborwertes, Bewertung der Laborergebnisse, Anpassung der Verordnung und letztlich der Verabreichung im klinischen Alltag von unterschiedlichen Personen ausgeführt werden. Die Kommunikation kann vereinfacht werden, indem alle Informationen an einer allgemein zugänglichen Stelle dokumentiert werden. Dies ist hier sogar passiert – allerdings handschriftlich in einer Papierkurve. Der Umfang an Informationen in einer Papierkurve macht es einfach, einzelne Informationen zu übersehen, da dass System als solches nicht vigilant ist und den Anwender nicht aktiv auf neue Informationen wie einen gemessenen Laborwert hinweist.

Lösungsansatz:
Wenn mit einer handschriftlichen Kurve gearbeitet wird, könnte in einem solchen Fall wie bei allen Dosierungen, die in Abhängigkeit eines bestimmten Parameters kurzfristig angepasst werden (z. B. Immunsuppressiva, Insulin oder Phenprocoumon), der Wirkstoff in der Kurve aufgeführt werden, die Dosierung jedoch mit "nach Spiegel" angegeben werden. So wird ersichtlich, dass die Dosierung variabel und nach Rücksprache zu erfolgen hat. Entsprechend können dann auf einem separaten Verordnungsblatt Infusionszeiten, Blutentnahmen, gemessene Plasmakonzentration und die daraus errechnete Dosierung dokumentiert werden. Auch mit einer elektronischen Kurve kann dieses Problem adressiert werden, wenn die Dosierungseingabe mit den Laborwerten verknüpft ist und die Verordnung nach Berücksichtigung des Laborwertes erneut freigegeben werden muss. Bis zu einer erneuten Freigabe sollte auch hier die Anordnung „nach Spiegel” lauten, so dass ersichtlich wird, dass eine Rücksprache erfolgen muss.