Fälle des Monats
Fall des Monats "Juni 2023": Brandgefahr durch Kurzschluss
Fall-Nummer
250702
Zuständiges Fachgebiet
Innere Medizin
Altersgruppe des Patienten:
unbekannt
Geschlecht des Patienten:
männlich
Wo ist das Ereignis passiert?
Krankenhaus
Welche Versorgungsart:
Routinebetrieb
In welchem Kontekt fand das Ereignis statt:
Nichtinvasive Massnahmen (Diagnostik / Therapie)
Was ist passiert?
Aus einer Infusionsflasche lief wohl unbemerkt Infusionslösung aus und tropfte auf den darunter angebrachten Perfusor. Die salzhaltige Infusionslösung lief in den Kaltgerätestecker und verursachte einen Kurzschluss mit kleiner Stichflamme, der zum Schwel-Brand des Gerätes führte.
Es konnte nach den Löschmaßnahmen nicht mehr geklärt werden, wie/warum die Flasche auslief bzw. ggf. defekt war.
Was war das Ergebnis?
Rauchentwicklung bei Gerätebrand durch Kurzschluss.
Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereigniss?
Flaschen nicht über elektrischen Geräten aufhängen.
Kam der Patient zu Schaden?
nein
Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei:
- Organisation (zu wenig Personal, Standards, Arbeitsbelastung, Abläufe etc.)
- Technische Geräte (Funktionsfähigkeit, Bedienbarkeit etc.)
Wie häufig tritt dieses Ereignis ungefähr auf?
erstmalig
Wer berichtet?
andere Berufsgruppe
Feedback des CIRS-Teams / Fachkommentar
Kommentar:
CIRS-Team des Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland 2.0:
Vielen Dank für Ihre Eingabe, in der berichtet wird, dass eine Infusionslösung unbemerkt auf einen Perfusor getropft ist. Die salzhaltige Infusionsflüssigkeit lief in den Kaltgerätestecker und verursachte einen Kurzschluss. Dies hatte einen Schwel-Brand und notwendige Löschmaßnahmen zur Folge.
In der Regel hängen Infusionslösungen meist über Perfusoren / Ernährungspumpen an einem Infusionsständer. Das gibt den Patienten die notwendige Mobilität, wenn (Dauer-)Infusionen verabreicht werden. Der Berichtende schlägt vor, dass Infusionsflaschen nicht mehr über elektrische Geräte aufgehangen werden sollten. Ob diese vorgeschlagene Änderung im Klinikalltag umsetzbar ist, ist eher fraglich.
Ein möglicher Produktfehler des Infusionsbeutels im vorliegenden Fall ist denkbar, da in der Regel der Gummistopfen dicht ist und keine Flüssigkeit heraustropfen kann.
Sollte es sich um solch einen Produktfehler handeln, so besteht nach der Medizinprodukte-Verordnung [1, 2] die Pflicht, ein fehlerhaftes Medizinprodukt der zuständigen Bundesoberbehörde [3] zu melden. Da nach den beschriebenen Löschmaßnahmen nicht mehr geklärt werden konnte, ob dies im vorliegenden Fall zutraf, sollte eine (vorsichtshalber) trotzdem abzugebende Meldung entsprechend formuliert werden.
Weitere Informationen zu medizinprodukt-assoziierten Risiken hat das Aktionsbündnis Patientensicherheit in einer Handlungsempfehlung zusammengefasst [4].
Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass die Stromversorgung des „Infusionsbaumes” meist über multiple Steckverbindungen erfolgt. Dies bietet zahlreiche Möglichkeiten für Kontakte von Flüssigkeiten mit der Stromführung. Folglich sollten im gesamten Krankenhaus Kabelverbindungen bzw. -verlängerungen – als vorbeugende Brandschutzmaßnahme – eher vermieden/minimiert werden und lange Zuleitungen bevorzugt werden. Hierbei haben leitende Flüssigkeiten keinen Angriffspunkt, was eine mögliche Brandgefahr deutlich reduziert.
„Warum der Brandschutz im Krankenhaus so wichtig ist:
Ein ausgebrochener Brand stellt für jedes Krankenhaus eine ernst zu nehmende Bedrohung dar. Anders als bei Einfamilienhäusern oder Schulen besteht die Schwierigkeit nämlich in der Evakuierung der stationär aufgenommenen Patienten, die meist an ihre Krankenbetten gebunden sind und diese nicht selbstständig verlassen können.” [5]
Literatur
- [1] Bundesministerium für Gesundheit: Gesundheitswesen – Medizinprodukte- Neue EU-Verordnungen. Online:
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/gesundheitswesen/medizinprodukte/neue-eu-verordnungen.html - [2] Gesetz zur Änderung des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes und weiterer Gesetze. Vom 12. Mai 2021. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 24, ausgegeben zu Bonn am 21. Mai 2021. Online: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/M/MPDGA endG_BGBl.pdf
- [3] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Online:
http://www.bfarm.de - [4] Aktionsbündnis Patientensicherheit. Handlungsempfehlung. Patientensicherheit durch Prävention medizinprodukt-assoziierter Risiken. Online: https://www.aps-ev.de/hempfehlungen/patientensicherheit-durch-praevention-medizinproduktassoziierter-risiken/
- [5] WEKA: Brandschutz im Krankenhaus. Online: https://www.weka.de/brandschutz/krankenhaus/
Weiterführende Literatur:
- [1] Im Brandfall kommt es auf jede Sekunde an. Die Schwester Der Pfleger. Ausgabe 3/2023. Seite 48.
- [2] DACH. -Leitfaden-Brandschutz im Krankenhaus. 2017. Online:
https://wtig.org/wp-content/uploads/2016/11/170905-DACH-Leitfaden-BrandschutzKrankenhaus2017_08.pdf - [3] UK BG. Sicheres Krankenhaus. Brandschutz in Krankenhäusern und Pflegeheimen. 2022. Online:
https://www.sicheres-krankenhaus.de/bereichsuebergreifende-themen/bereichsuebergreifende-themen/brandschutz-kranken haeusern-und-pflegeheimen - [4] Abfallmanager-Medizin. Brandschutz im Krankenhaus. Regelflut gegen das Feuer. 2023. Online: https://www.abfallmanager-medizin.de/recht/brandschutz-in-krankenhaeusern/