Fälle des Monats
Fall des Monats "September 2024": Erkennen einer Sepsis und zeitnahe Therapieeinleitung
Fall-Nummer:
266543
Zuständiges Fachgebiet:
Innere Medizin
Altersgruppe des Patienten:
81-90
Geschlecht des Patienten:
weiblich
Wo ist das Ereignis passiert?
Krankenhaus
Welche Versorgungsart:
Notfall
In welchem Kontext fand das Ereignis statt:
Diagnosestellung
Was ist passiert?
Pat. kommt mit unklarem Sepsisfokus (internistisch geführt) in die zentrale Notaufnahme. Bei der dortigen Untersuchung kann der Fokus nicht diagnostiziert werden. Eine initiale Abdomensonographie (auf Grund Nichtbefähigung des ärztlichen Personals) und Rö-Thorax-Untersuchung unterbleiben. Pat. wird internistisch mit i. v. Antibiose auf eine Normalstation aufgenommen. Hier erfolgt erstmals eine Abdomensonographie durch diensthabende internistische oberärztliche Person. Dabei kann schnell und eindeutig der Fokus der Sepsis identifiziert werden. Umgehend wurde durch internistische oberärztliche Person die fachärztliche oberärztliche Person informiert, so dass eine sofortige Therapie eingeleitet werden konnte.
Was war das Ergebnis?
Die Pat. konnte nach stationärem Aufenthalt nach Hause entlassen werden.
Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereigniss?
Anzeichen einer Sepsis (AZ der Pat., initiale Laborwerte) wurden durch aufnehmende ärztliche Person nicht erkannt, bzw. der Hintergrunddienst wurde nicht ausreichend über weiteres dringliches Procedere informiert. Befähigung/Betreuung der Berufsanfänger muss gewährleistet werden. Einführung von Diensttauglichkeitskonzepten.
Kam der Patient zu Schaden?
Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei:
- Kommunikation (im Team, mit Patienten, mit anderen Ärzten etc.)
- Ausbildung und Training
- Organisation (zu wenig Personal, Standards, Arbeitsbelastung, Abläufe etc.)
- Kontext der Institution (Organisation des Gesundheitswesens etc.)
Wie häufig tritt dieses Ereignis ungefähr auf?
monatlich
Wer berichtet?
Arzt / Ärztin, Psychotherapeut/in
Feedback des CIRS-Teams / Fachkommentar
Kommentar:
CIRS-Team des Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland 2.0:
In der vorliegenden Eingabe wird über ein verzögertes Erkennen und demzufolge daraus resultierender Therapieeinleitung einer Sepsis berichtet.
Vielen Dank für Ihre Eingabe. Wie der Berichtende angibt, wurde dieses Ereignis aufgrund unzureichender Erfahrungswerte der ärztlichen Person begünstigt.
„Die frühzeitige Identifizierung von Patienten mit Sepsis ist von hoher Bedeutung, da eine frühzeitige Therapie das Überleben wesentlich verbessern kann. Im Gegensatz zu anderen akut lebensbedrohlichen Erkrankungen (wie z.B. dem Herzinfarkt), stehen jedoch derzeit keine diagnostischen bettseitigen Kriterien zur Verfügung, um Patienten mit Sepsis bzw. solche mit hohem Risiko für die Entwicklung einer Sepsis zuverlässig zu identifizieren.”[1]
Dieser Bericht kann zum einen als Anlass genommen werden, zu prüfen, ob es ein Einarbeitungskonzept für ärztliche Personen gibt. Wenn noch unerfahrene ärztliche Personen im Dienst sind, sollten sie jederzeit die Möglichkeit haben, sich an erfahrene Kollegen zu wenden. Dies setzt voraus, dass sie bei Fragen diese Möglichkeit auch wahrnehmen.
Zum anderen sollten ggf. klare Regelungen / Behandlungspfade entwickelt werden, wie bei Verdacht auf Sepsis vorzugehen ist. Welche Laborwerte müssen abgenommen werden? Welche (bildgebende) Diagnostik muss erfolgen? Welche medikamentöse Therapie muss eingeleitet werden?
Literatur:
[1] Deutsche Sepsis Gesellschaft e. V. (federführend): S3-Leitlinie Sepsis – Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge. AWMF-Registernummer: 079 – 001. Langversion 3.1 – 2018. (wird zur Zeit überarbeitet). Online: https://register.awmf.org/assets/guidelines/079-001l_S3_Sepsis-Praevention-Diagnose-Therapie-Nachsorge_2020-03_01.pdf
Weiterführende Literatur:
[1] Schmoch T, Brenner T, Weigand MA: Neue internationale Sepsis-Leitlinien 2021 – Was ist neu – was bleibt gleich? Anästh Intensivmed 2022;63:123–128. DOI: 10.19224/ai2022.123. Online: https://www.ai-online.info/images/ai-ausgabe/2022/03-2022/AI_03-2022_Sonderbeitrag_Schmoch.pdf
[2] APS e. V. (Hrsg) 2023: „Sepsis geht alle an! Handlungsempfehlung für Ärzt:innen, Pflegekräfte und Angehörige anderer Gesundheitsberufe”, Berlin. DOI: 10.21960/202309.2. Online: https://www.aps-ev.de/wp-content/uploads/2023/11/231106_HE-SEPSIS_Personal.pdf
[3] Robert Koch Institut: Sepsis. Stand: 07.02.2024. Online:
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/S/Sepsis/Sepsis_node.html