CIRS Berlin ÄZQ Deuschte Krankenhaus Gesellschaft Deutscher Pflegerat e.V.

Fälle des Monats

Fall des Monats „Mai 2013“: Patientenidentifikation in großen Krankenhaus-Datenbanken

  • Titel: Patientenidentifikation in großen Krankenhaus-Datenbanken
  • Altersgruppe: Unbekannt
  • Geschlecht: Unbekannt
  • Zuständiges Fachgebiet: Chirurgie
  • In welchem Kontext fand das Ereignis statt? Organisation (Schnittstellen / Kommunikation)
  • Wo ist das Ereignis passiert? Krankenhaus
  • Versorgungsart: Routinebetrieb
  • Was ist passiert? Am Folgetag einer Patientenaufnahme einer dementen Patientin mit Infekt fiel zufällig im Rahmen der Visite auf, dass es sich bei einer Patientin nicht um die Person handelte, deren Patientenunterlagen mitgeführt wurden und als die die Patientin im Rahmen der administrativen Patientenaufnahme aufgenommen wurde. Somit wurde die initiale Therapieplanung und Durchführung auf der Basis von Behandlungsdaten aus einem vorangegangenen Krankenhausaufenthalt einer anderen Patientin durchgeführt.
  • Was war das Ergebnis? Da aus den Patientenunterlagen eines Voraufenthalts explizit auf eine Antibiotiakallergie für eine bestimmte Antibiotikagruppe hingewiesen wurde, wurde initial eine kombinierte Antibiotikatherapie mit Reservepräparaten eingeleitet. Hieraus sind in diesem Fall der Patientin glücklicherweise keine gesundheitlichen Schäden entstanden.
  • Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignis und wie könnte es in Zukunft vermieden werden?  Seit Einführung der elektronischen Dokumentation patientenbezogener Daten in diversen Datenbanksystemen (KIS) häufen sich identische Einträge in den üblicherweise zur Personenidentifikation genutzten Datenfeldern. Eine Patientendatenbank im Krankenhaus enthält heute leicht mehr als 100.000 Einträge. Die Analyse des geschilderten Falls ergab, dass beispielsweise der Nachname "Müller" in der KIS-Datenbank beinahe 800 Mal enthalten war. Von diesen 800 Patienten mit dem Nachnamen "Müller" war in 65 Fällen zusätzlich der Vorname identisch und 3 dieser Patienten waren am exakt gleichen Tag geboren. Somit reicht das bislang oft übliche Patientenidentifikationsverfahren (Nachname, Vorname, Geburtsdatum) definitiv nicht mehr aus, sondern es muss ein Ein-Eindeutiges Identifikationsmerkmal festgelegt und zwingend vor der Aufnahme eines Patienten in ein Datenbanksystem (Anlage eines Behandlungsfalls) nachgewiesen werden (z. B. Personalausweisnummer, Reisepassnummer, Gesundheitskarte so sie denn mal kommt, etc.). Die komfortable Möglichkeit Daten bereits im System vorhandener Patienten für die Neuanlage eines Behandlungsfalls zu übernehmen ist ein Hochrisikoprozess. Schulungsmaßnahmen für sämtliche Mitarbeiter, die administrative Patientenaufnahmen durchführen und eine Sensibilisierung aller Mitarbeiter für die Problematik sind erforderlich.
  • Wie häufig tritt ein solches Ereignis ungefähr auf? Erstmalig
  • Kam der Patient zu Schaden? nein
  • Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei?
    • Kontext der Institution (Organisation des Gesundheitswesens etc.)
    • Technische Geräte (Funktionsfähigkeit, Bedienbarkeit etc.)
    • Teamfaktoren (Zusammenarbeit, Vertrauen, Kultur, Führung etc.)
    • Patientenfaktoren (Sprache, Einschränkungen, med. Zustand etc.)
  • Wer berichtet? Arzt / Ärztin, Psychotherapeut/in

Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de

Dieser interessante Fall zeigt sehr deutlich, dass Datenbanksysteme - weil es durch den zeitlichen Verlauf zu einer erheblichen Anhäufung von Datensätzen kommt - auch in kleineren Krankenhäusern zu enormen Datenmengen führen. Bei einer solchen Datenmenge kann es dann tatsächlich dazukommen, dass mehrere Patienten mit identischem Nachnamen, Vornamen und Geburtsdatum verzeichnet sind. Um hier Verwechslungen zu vermeiden, muss der Patient bei der administrativen Aufnahme eindeutig identifziert werden.

Zu der Problematik der korrekten Patientenidentifikation hat eine Arbeitsgruppe des Aktionsbündnis Patientensicherheit eine Handlungsempfehlung veröffentlicht. Diese fordert bei der administrativen Aufnahme die Vorlage eines ausweisenden Dokuments (z. B. Personalausweis).

Die Handlungsempfehlung finden Sie zum Download auf den Seiten des APS oder hier:

Aktionsbündnis Patientensicherheit: Empfehlungen zur sicheren Patientenidentifikation