CIRS Berlin ÄZQ Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) Deutscher Pflegerat e.V.

Fälle des Monats

Fall des Monats "Juli 2025": Nichtbeachtung pflegerischer Krankenbeobachtungsdokumentation

Fall-Nummer:
277520

Zuständiges Fachgebiet:
Innere Medizin

Altersgruppe des Patienten:
71-80

Geschlecht des Patienten:
weiblich

Wo ist das Ereignis passiert?
Krankenhaus

Welche Versorgungsart:
Routinebetrieb

In welchem Kontext fand das Ereignis statt:
Organisation (Schnittstellen / Kommunikation)

Was ist passiert?
Eine Verschlechterung der Patientin wurde nicht zeitnah bemerkt, da die Pflegedokumentation von Seiten der ärztlichen Mitarbeiter nicht wahrgenommen wurde. Trotz mehrfacher, sowohl telefonischer als auch in Besprechungen geäußertes Auftreten von Teerstühlen, erfolgte zunächst keine ärztliche Intervention als auch Dokumentation. Bis aufgrund eines auffälligen Hämoglobinwertes schließlich Maßnahmen ergriffen wurden. Für die zuständigen Bereitschaftsärzte galten die Teerstühle als unbekannt, da sie in keinem Visiteneintrag auftauchten. Eine Ursache dessen mag die elektronische Dokumentation sein, welche eine gefilterte Ansicht der verfügbaren Patientendaten erlaubt, so dass Pflegeberichte oder Einträge über die Ausscheidungen vom ärztlichen Personal erst gesucht werden müssen, da sie in ihrer Konfiguration ansonsten nicht enthalten sind.

Was war das Ergebnis?
leer

Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereigniss?
Unzureichende Kommunikation zwischen Pflege und Ärzten.
Nichtbeachtung pflegerischer Krankenbeobachtungsdokumentation seitens der Ärzteschaft.
Unzureichend eingearbeitete Ärzte.
Unerfahrenes und insgesamt zu knappes Pflegepersonal.
Defensives Nichtentscheiden.

Kam der Patient zu Schaden?
leer

Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei:

  • Kommunikation (im Team, mit Patienten, mit anderen Ärzten etc.)
  • Ausbildung und Training
  • Teamfaktoren (Zusammenarbeit, Vertrauen, Kultur, Führung etc.)
  • Organisation (zu wenig Personal, Standards, Arbeitsbelastung, Abläufe etc.)

Wie häufig tritt dieses Ereignis ungefähr auf?
monatlich

Wer berichtet?
Pflege-, Praxispersonal

Feedback des CIRS-Teams / Fachkommentar


Kommentar:

Kommentar der Steuergruppe des Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland 2.0:

Vielen Dank für Ihre Eingabe.

In der vorliegenden Eingabe wird über eine Zustandsverschlechterung berichtet, da zum einen die Pflegedokumentation ärztlicherseits nicht wahrgenommen wurde. Zum anderen wurde auf die angesprochenen Hinweise durch das Pflegepersonal nicht eingegangen.

Beitragende Faktoren zum Ereigniseintreten werden angegeben und können sein:

  • unzureichende Kommunikation zwischen Pflege und Ärzten.
  • Nichtbeachtung pflegerischer Krankenbeobachtungsdokumentation seitens der Ärzteschaft.
  • unzureichend eingearbeitete Ärzte
  • unerfahrenes und insgesamt zu knappes Pflegepersonal.
  • defensives Nichtentscheiden
  • evtl. unzureichende Laborkontrollen, so dass an dieser Stelle der sinkende Hb-Wert aufgefallen wäre
  • evtl. fehlende gemeinsame Visite, um in diesem Rahmen auf die Teerstühle hinzuweisen

Je nach Blutungsquelle und medizinischer Vorgeschichte ist bei Verdacht oder bestätigtem Auftreten von Teerstuhl schnelles Handeln erforderlich.

Leider ist aus dem Bericht nicht ersichtlich, ob beim Bemerken des Teerstuhl ein Test auf okkultes Blut im Stuhl durchgeführt wurde, so dass an dieser Stelle eine erste Bestätigung erfolgt wäre.

Eine andere Frage, die sich aus dem Bericht ergibt, ob es eine gemeinsame Visite gibt, so dass das Auftreten von Teerstühlen direkt hätte angesprochen werden können.

„Die Visite übernimmt die Funktion eines zentralen Informations- und Kommunikationsinstruments. Durch das aktive Einbeziehen des Patienten und des gesamten Behandlungsteams können die Mitarbeiter Befunde gemeinsam besprechen sowie weitergehende diagnostische und therapeutische Maßnahmen ableiten und planen.

Grundvoraussetzung sollte sein, dass Ärzte, Pflegekräfte, gegebenenfalls weitere an der Behandlung beteiligte Berufsgruppen und der Patient bei der Visite anwesend sind. Ermöglicht wird dies, indem die Visite zu einem festen und kommunizierten Zeitpunkt sowohl in den Stationsablauf als auch in stationsübergreifende Prozesse integriert wird. Der Zeitpunkt sollte an die Tätigkeitsspitzen der Berufsgruppen und an den Patientenfluss angepasst sein." [1]

Dieser Bericht sollte daher als Anlass genommen werden, gemeinsam im Team zu überlegen, wie wichtige patientenrelevante Informationen zeitnah erfasst und weitergegeben werden.

Ist die Einführung einer gemeinsamen Visite möglich bzw. falls bereits gemeinsamen Visiten stattfinden, sollten diese dahingehend so umstrukturiert werden, dass die ärztlichen Personen von den betreuenden Pflegekräften der Patienten begleitet werden können.

Könnten wichtige Patienteninformationen in der Dokumentation (KIS) gesondert hervorgehoben werden, so dass diese für die ärztlichen Personen auf den ersten Blick ersichtlich sind? Oder könnte ein Feld programmiert werden, so dass wichtige Patienteninformationen hinterlegt werden können? Hier sollte sich mit der IT bzw. dem KIS Anbieter in Verbindung gesetzt werden, um zu prüfen, inwieweit dies umsetzbar ist.

Literatur:

[1] Bohnenkamp, Berit: Arbeitsorganisation: So lässt sich die Visite optimieren. Dtsch Arztebl. 2016. Online: https://www.aerzteblatt.de/archiv/arbeitsorganisation-so-laesst-sich-die-visite-optimieren-e9335d95-a2f6-4cb2-9381-fb7a2a92814f

Weiterführende Literatur:

  1. AWMF-Register Nr. 021/028 Klasse: S2k Leitlinie Gastrointestinale Blutung. Erstellungsdatum: 05/2017. Nächste Überprüfung geplant: 052/2022. Online: https://aem-online.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/S2k_Gastrointestinale_Blutung_2017-07_1_.pdf