CIRS Berlin ÄZQ Deuschte Krankenhaus Gesellschaft Deutscher Pflegerat e.V.

Fälle des Monats

Fall des Monats „Dezember 2011“: Routine umgestellt - OP verschoben

  • Titel: Routine umgestellt - OP verschoben
  • Altersgruppe: 21-30
  • Geschlecht: Weiblich
  • Zuständiges Fachgebiet: Frauenheilkunde/Geburtshilfe
  • In welchem Kontext fand das Ereignis statt?: Invasive Massnahmen (Diagnostik / Therapie)
  • Wo ist das Ereignis passiert?: Krankenhaus
  • Versorgungsart: Routinebetrieb
  • Was ist passiert?: Präoperative Gabe von Fondaparinux, bisher Thromboseprophylaxe mit niedermolekularen Heparinen am Abend vor Op, z.Zt. laufende Umstellung von niedermolekularem Heparin auf Fondaparinux.
  • Was war das Ergebnis?: Die Operation musste auf einen anderen Tag verschoben werden.
  • Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignis und wie könnte es in Zukunft vermieden werden?: Routinebetrieb bisher anders verlaufen (bisher Verwendung niedermolekularer Heparine präoperativ zur Thromboseprophylaxe).
    Genauere Anordnung ärztlicherseits in der Patientenakte wäre nötig gewesen.
    Bessere Schulung des Pflegepersonals beim Einsatz neuer Präparate/Umstellung des bisherigen Verfahrens.
  • Wie häufig tritt ein solches Ereignis ungefähr auf?: Erstmalig
  • Kam der Patient zu Schaden?: Minimaler Schaden / Verunsicherung des Patienten
  • Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei?: Ausbildung und Training
  • Wer berichtet?: Arzt / Ärztin, Psychotherapeut/in

Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de


Autorin: Mag. pharm. Christine Hahnenkamp, MSc; ÄZQ

Während NMH abhängig von ihrer Kettenlänge ein etwas unterschiedliches Potential bezüglich der Hemmung von Faktor Xa und Faktor IIa haben, ist Fondaparinux ein hochselektiver Faktor Xa Inhibitor. Dies führt zu Unterschieden im pharmakokinetischen Profil, insbesondere in der Halbwertszeit. Die verschiedenen NMH haben in etwa eine Halbwertszeit von 3-5h - Fondaparinux hat hingegen eine Halbwertszeit von 17-21h. (Die Halbwertszeit gibt an, wie lange es dauert, bis die Hälfte eines verabreichten Medikamentes den Organismus wieder verlassen hat.)

Im vorliegenden Fall wurden 12h vor einer OP routinemäßig NMH appliziert und dieses Dosierungsschema wurde bei der Umstellung von NMH auf Fondaparinux beibehalten. Bei einer Applikation von Fondaparinux 12h vor einer OP kann man davon ausgehen, dass die Wirkung von Fondaparinux noch anhält. Laut Fachinformation sollte Fondaparinux bei chirurgischen Eingriffen nicht innerhalb von 24h vor dem Eingriff gegeben werden und die erneute Gabe sollte postoperativ nicht vor 6h erfolgen.

Der falsche Zeitpunkt der Applikation wurde entdeckt und die OP musste einen Tag verschoben werden. Der Berichtende selbst liefert gute Vorschläge, wie der Fall in Zukunft verhindert werden könnte:

  • Sensibilisierung von Pflegekräften und Ärzten durch verbesserte Schulungen

(Das neu zu verwendende Medikament sollte vorgestellt und erklärt werden. Durch die Umstellung auf ein neues Medikament können sich Unterschiede in der Applikation, im Zeitpunkt der Applikation, in der Wechselwirkung mit anderen Medikamenten etc. ergeben. Unterschiede sollten hervorgehoben und idealerweise festgehalten werden zum Beispiel in Form von Postern, so dass auch abwesende Pflegekräfte/Ärzte auf das neue Medikament aufmerksam gemacht werden.)

  • Deutliche Hinweise zum Applikationszeitpunkt in der Verordnung des Arztes

Ein standardisiertes Vorgehen bei der Umstellung einer Medikation auf Station scheint es allerdings nicht zu geben. Vielleicht könnte dies zum Anlass genommen werden, Standards für die Umstellung von Medikamenten zu entwickeln. Mitunter könnten auch Apotheker für Schulungen zu neuen Medikamenten mit einbezogen werden.