CIRS Berlin ÄZQ Deuschte Krankenhaus Gesellschaft Deutscher Pflegerat e.V.

Fälle des Monats

Fall des Monats „Januar 2012“: Techniker testet - Patient wird unnötig geröntgt

  • Titel: Techniker testet - Patient wird unnötig geröntgt
  • Altersgruppe: Unbekannt
  • Geschlecht: Unbekannt
  • Zuständiges Fachgebiet: Radiologie
  • In welchem Kontext fand das Ereignis statt?: anderer Kontext: Reparaturmaßnahme
  • Wo ist das Ereignis passiert?: Krankenhaus
  • Versorgungsart: Routinebetrieb
  • Was ist passiert?: Während Fehlerbehebungsarbeiten am Krankenhausinformationssystem (KIS) durch Techniker des Herstellers wird im Produktivsystem eine Röntgenanforderung auf einen Patienten ausgefüllt, um eine Fehlerbehebung im KIS zu prüfen.
  • Was war das Ergebnis?: Nach Abschluss der Arbeiten wird die Röntgenanforderung nicht storniert. Weder der eigenen IT-Abteilung, noch den MTRA oder den die Röntgenanforderung freigebenden Ärzten fällt der Irrtum auf - der Patient erhält eine unnötige Röntgenuntersuchung.
  • Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignis und wie könnte es in Zukunft vermieden werden?:
    1. Nutzung der Testumgebung oder der in jedem System angelegten Dummies (z. B. Test-BKS, Test-DKH) für Tests in der Echtumgebung.
    2. Anlegen eines Protokolls, in dem die angelegten Tests ersichtlich sind.
    3. Vor Beenden der Testmaßnahme ist der Testfall zu löschen.
    4. Nutzung von Risikokontrollpunkten, wie z. B. Freigaben etc., zur Vermeidung von unerwünschten Zwischenfällen.
  • Wie häufig tritt ein solches Ereignis ungefähr auf?: Erstmalig
  • Kam der Patient zu Schaden?: Minimaler Schaden / Verunsicherung des Patienten
  • Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei?: Sonstiges: Verletzung des Standards Validierung v. Rö-Untersuchungen
  • Wer berichtet?: Andere Berufsgruppe

Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de

Autoren: Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG), Dezernat 1, Personalwesen und Krankenhausorganisation

Mit der Novellierung der Röntgenverordnung (RöV) 2002 wurde die Pflicht zur Rechtfertigung jeder Anwendung von Röntgenstrahlung am Menschen stärker betont. § 23 enthält seitdem die Regelungen zur Rechtfertigenden Indikation. Danach muss jede Röntgenanforderung durch einen fachkundigen Arzt dahingehend überprüft werden, ob sie gerechtfertigt ist und der gesundheitliche Nutzen der Anwendung am Menschen gegenüber dem Strahlenrisiko überwiegt. Ziel ist es also, die Röntgenbelastung durch medizinische Strahlenanwendung so weit wie möglich zu minimieren.

§ 23 RöV regelt, dass ein fachkundiger Arzt (i. d. R. der Radiologe) die Indikation überprüfen und die rechtfertigende Indikation stellen muss, wenn der die Röntgenanforderung unterschreibende Arzt nicht selbst fachkundig ist.

Somit scheinen in diesem Fall gleich mehrere Dinge falsch gelaufen zu sein, die eine Überprüfung der internen Abläufe dringend erforderlich machen:

I. d. R. gibt es zwei Personen, die eine Röntgenanforderung abzeichnen: der anfordernde Arzt und der die rechtfertigende Indikation stellende Arzt. In diesem Fall wurde jedoch die Röntgenanforderung durch einen Techniker der Wartungsfirma erstellt, was dem die rechtfertigende Indikation stellenden Arzt hätte auffallen müssen.

Sofern nicht innerbetrieblich geregelt ist, dass grundsätzlich nur fachkundige Personen die Röntgenanforderungen unterschreiben dürfen, muss mittels des Qualitätsmanagements sichergestellt werden, dass eine fachkundige Person die von einer nichtfachkundigen Person gestellte Röntgenanforderung überprüft und ¨freigibt¨. Insofern bescheinigen i. d. R. zwei Personen die Korrektheit der Maßnahme durch ihre Unterschrift / Signatur. Fehlt eine der beiden Unterschriften, so darf zum einen die Röntgenuntersuchung nicht durchgeführt werden und zum anderen muss es eine interne Verfahrensweise geben, die das weitere Vorgehen regelt.

Neben solchen grundsätzlich intern zu regelnden Abläufen sollten natürlich technische Hilfen soweit wie möglich genutzt werden. Zu diesen zählt z. B. die Nutzung einer ¨Testumgebung¨ oder von ¨Dummis für Tests in der Echtumgebung¨. Ergänzend sollte die Möglichkeit geprüft werden, den Zugriff auf reale Patientennamen für Testläufe zu sperren. Alternativ sollte geprüft werden, ob das System nicht dahingehend geändert werden kann, dass ein Verlassen bzw. Beenden des Testlaufs erst dann möglich wird, wenn der Testfall - in diesem Fall die Röntgenanforderung - gelöscht wurde. Hilfsweise kann auch z. B. in Zusatzfeldern wie ¨Fragestellung¨ oder ¨klinische Angaben¨ darauf hingewiesen werden, dass es sich um einen Test handelt, der Auftrag also nicht zu bearbeiten ist.

Aufgrund eines zwischenzeitlich eingegangenen Kommentars zum vorliegenden Fall weist der Fachbeirat ergänzend darauf hin, dass die rechtfertigende Indikation nur gestellt werden darf, wenn der die rechtfertigende Indikation stellende Arzt die Möglichkeit zur Untersuchung des Patienten hat, d. h. er muss vor Ort sein, um sich selber ein Bild vom Patienten machen zu können. Lediglich im Rahmen der Teleradiologie gibt es die Ausnahme, dass der die rechtfertigende Indikation stellende Arzt sich nicht vor Ort befinden muss.