CIRS Berlin ÄZQ Deuschte Krankenhaus Gesellschaft Deutscher Pflegerat e.V.

Fälle des Monats

Fall des Monats „März 2014“: Medikamentenverwechslung: Azathioprin und Azithromycin

  • Titel: Medikamentenverwechslung: Azathioprin und Azithromycin
  • Zuständiges Fachgebiet: Innere Medizin
  • Wo ist das Ereignis passiert?: Krankenhaus
  • Geschlecht des Patienten: weiblich
  • Welche Versorgungsart: Routinebetrieb
  • In welchem Kontext fand das Ereignis statt?: Invasive Massnahmen (Diagnostik / Therapie)
  • Was ist passiert? Eine Patientin sollte auf Azathioprin umgestellt werden. Erst 2 Tage später fiel im Rahmen der Oberarztvisite auf, dass die Patientin 2x täglich statt Azathioprin 50mg, Azithromycin 500mg bekommen hat. Die Anordnung war leserlich geschrieben, insb. die aufgeschriebene Dosierung von 50mg war eindeutig. Fehlübertragung auf den Medikationsplan, von da an ungeprüfte Stellung der Medikamente aus der Kurve heraus.
  • Was war das Ergebnis?: k. A.
  • Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignis und wie hätte es vermieden werden können?:
    • Massive Überlastung und Unterbesetzung des Pflegepersonals - alle Mitarbeiter der Station haben teils vor längerer Zeit eine Überlastungsanzeige an die Verwaltung gemacht
    • Urlaubszeit mit vielen Urlaubsvertretungen
    • Unerfahrenheit / Unwissen über Azathioprin - wird auf der Station selten verwendet
    • Fehlender Crosscheck auf Indikation durch das Pflegepersonal bei Übertragung der Anordnung und Stellen der Medikation
    • Fehlende Überprüfung durch Ärzte im Rahmen der Visite
    • Kontrolle des Therapieerfolges nicht möglich, da langsamer Wirkeintritt von Azathioprin

    Dieses Problem ist schwer zu lösen. Eine Möglichkeit wäre die Überarbeitung des Designs der Patientenkurven, so dass es ohne Umstände (ständiges Vor- und Zurückblättern, Herausnehmen der Zettel) möglich ist, den Anordnungsbogen und den Medikationsplan in der Kurve nebeneinander zu legen.

  • Kam der Patient zu Schaden?: Minimaler Schaden / Verunsicherung des Patienten
  • Wie häufig tritt dieses Ereignis ungefähr auf?: erstmalig
  • Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei?:
    • Kommunikation (im Team, mit Patienten, mit anderen Ärzten etc.)
    • Ausbildung und Training
    • Teamfaktoren (Zusammenarbeit, Vertrauen, Kultur, Führung etc.)
    • Organisation (zu wenig Personal, Standards, Arbeitsbelastung, Abläufe etc.)
    • Medikation (Medikamente beteiligt?)
  • Wer berichtet?: Arzt / Ärztin, Psychotherapeut/in

Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de:

Bei diesem Ereignis haben wahrscheinlich verschiedene Beitragende Faktoren (z. B. Personalausstattung, Wissen, Erfahrung, Kurvengestaltung) eine Rolle gespielt. Ein weiterer wichtiger Beitragender Faktor ist die Ähnlichkeit der generischen Namen von Azathioprin und Azithromycin.

Zu diesem Problemkomplex finden sich viele CIRS-Berichte, Berichte in der Literatur mit Maßnahmen zur Vermeidung und bereits ein Fall des Monats im KH-CIRS-Netz Deutschland (September 2011, www.kh-cirs.de/faelle/september11.html)

Seit Anfang des Jahres 2014 gibt es nun ein zusätzliches Berichtssystem für Sound-Alike-Look-Alike-Medikationsfehler welches vom Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA) zur Verfügung gestellt wird.

Die oben beschriebenen Sound-Alike-Look-Alike Ereignisse können ab sofort nicht nur ins eigene Krankenhaus-CIRS (falls vorhanden), sondern auch in dieses spezifische Berichtssystem eingegeben werden. Auf der ADKA-DokuPIK-Homepage gibt es einen Link zur Eingabemaske.

Betroffene Sound-Alike-Look-Alikes werden in Form von zwei Listen regelmäßig auf der Homepage der ADKA zur Verfügung gestellt. Ziel ist es, schnell und praxisnah über Risiken von Sound-Alike-Look-Alikes zu informieren. Außerdem wird die ADKA die Listen nutzen, um gezielt Pharmafirmen anzusprechen, um zum Beispiel Verpackungen zu verbessern.

Sound-Alike-Liste:

Look-Alike-Liste:

Literatur und Links

  1. Hahnenkamp C, Rohe J, Thomeczek C, Sanguino Heinrich A, Kantelhardt P, Hoppe-Tichy T. Patientensicherheit: Ich sehe was, was du nicht schreibst. Dtsch Arztebl 2011;108(36):A-1850-4.
    www.aerzteblatt.de/archiv/105169/Patientensicherheit-Ich-sehe-was-was-du-nicht-schreibst (Abruf am 9.1.2014)
  2. World Health Organization (WHO): Look-Alike, Sound-Alike Medication Names. 2007.
    http://gis.emro.who.int/HealthSystemObservatory/PDF/Patient%20Safety/PS-Solution1.pdf
  3. Ausschuss für Arzneimitteltherapiesicherheit: Gefährliche Verwechslungen. Krankenhauspharmazie 2011;32(11).
    www.krankenhauspharmazie.de/archiv/verzeichnis/2011/11.html
  4. Ausschuss für Arzneimitteltherapiesicherheit: Fehler durch Sound-Alike. Krankenhauspharmazie 2013;34(12):565.
    www.krankenhauspharmazie.de/archiv/verzeichnis/2013/12.html